Die Glaubwürdigkeit wieder herzustellen ist die Herausforderung für die Banken. Dass sie sich dabei von einer ganzen Menge an Illusionen verabschieden müssen, und so einfache Dinge wie das Zuhören wieder lernen sollten, wird unter dem Blickwinkel MINDFUL FINANCE beschrieben.
Auf der Negativliste stehen beide ganz oben. #Geld und Banken: “Finanzinstitute kommen nicht aus Ihrem Imagetief heraus”. – so titelte eine vor Jahren bereits veröffentlichte Studie. Aber nichts hat sich gebessert. Gleichzeitig steht “das Geld” mit an der Spitze der persönlichen Stressfaktoren, wie eine breitangelegte Untersuchung der GfK zeigt: “Druck, Geld und Arbeit sind in Deutschland die Hauptgründe für #Stress. Daten der GfK zeigen, dass bei 23 Prozent der Befragten vor allem ihre eigenen Ansprüche Stress auslösen. Mit 19 Prozent auf Platz zwei liegen Geldsorgen und 15 Prozent nennen die Arbeit als Hauptgrund.“. Der Umgang mit Finanzen und Geld wird also weithin immer noch eher als stressig, denn als freudvoll oder befriedigend empfunden.
Muss das so sein? Den Gründen und Lösungen auf persönlicher Ebene sind wir ja schon im letzten Blog nachgegangen. Hier fragen wir etwas anderes. Da haben also Menschen ein reales Problem – und die Institutionen, die eigentlich für dessen Lösung geschaffen wurden und zuständig sind, die Banken, sitzen ängstlich und schmollend in der Ecke. Und schauen zu. Und kümmern sich um sich selbst. Die Mitarbeiter leiden. Die Kunden leiden. Was läuft da schief? Und: was könnten Lösungen sein?
Die #Glaubwürdigkeit wiederherstellen
“Den Kunden mit einer Story begeistern”, hörte ich neulich auf einer Vertriebstagung für Bankmitarbeiter. Ach du meine Güte! Das Letzte, was die Kunden brauchen, sind “stories”. “Die Bank an Ihrer Seite”, heißt es bei einer anderen Bank. Wollen die mich heiraten? Auch nicht grade besser. “Deutsche Bank schickt Mitarbeiter auf Ethik-Kurse”. Na ja, in drei Tagen ein bisschen Max Weber und Kant. Wer glaubt, damit was im Verhalten ändern zu können, sollte weiter im Märchenbuch schmökern.
Aber: das echte Problem, nämlich die Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, wird in keinster Weise angesprochen. Da wird weiter mit alten Rezepten herumhantiert. Und die grundlegenden Probleme werden nach wie vor ignoriert, wie die Studie feststellt: “Die Menschen empfinden den Finanzsektor nach wie vor als hermetisch. Sie wünschen sich vor allem mehr Transparenz im Hinblick auf das unternehmerische Handeln und die konkreten Arbeitspraktiken der Unternehmen.“ Genau! Darum geht’s doch. Die Menschen wollen einen begreifbaren Partner. Nicht einen, der das vorgibt. Wollen verstehen, was vor sich geht. Und wollen wissen, was mit ihrem Geld geschieht.
„Deutschlands Bankenmanager haben demnach noch kein Gegenmittel für den negativen Reputationstrend gefunden.“, stellt die Eingangs erwähnte Studie fest. Wahrlich! Nicht nur in Deutschland. Weil’s hier weniger um Rezepte geht, als um einen sehr grundsätzlichen Mindshift. Die Banken müssen endlich raus aus der Schmoll- und Wut-Ecke. Mit neuen Ideen und Gedanken. Mit neuem Wind. Offensiv (nicht arrogant) sich wieder als Banker bekennen. Einer, der seine Kunden und Stakeholder versteht und ernst nimmt. Das schafft Glaubwürdigkeit. Und vielleicht hilft da einfach mal ein Perspektivenwechsel. Mit MINDFUL FINANCE beispielsweise. Denn wie meine geneigten Leser wissen: „es gibt immer auch die achtsame Lösung“. Und der erste Schritt?
„Banken müssen sich konsequent von ihren Illusionen verabschieden“,
schreibt Johann R. Flesch, früher Bank-Vorstand und heute Chef einer Beratungs-gesellschaft, in einem Gastbeitrag für die deutsche Börsen-Zeitung. Und zeigt mit analytischer Brillanz, wo und wie Banken sich in die eigene Tasche lügen. Veraltete und phantasielose Geschäftsmodelle aus den 90er Jahren, jede Menge überflüssiger Produkte und Beratungsleistungen ohne Kundennutzen und damit auch ohne Erträge für die Bank. Und ich möchte noch ergänzen: auch die Unternehmenskultur ist vielerorts stehengeblieben. In der Zeit vor 2008. Weder finden wir eine offensive Innovationskultur noch eine „angemessene Risikokultur“ – dafür aber jede Menge Leitbilder, die ohnehin keiner liest.
Dabei wäre die Erneuerung doch gar nicht so schwer: „… eine konsequente Hinwendung zur Kundenorientierung und Bedürfniserfüllung gemäß den Prinzipien der Einfachheit wie Reduktion, Transparenz, Bedienerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Fairness“ (Flesch in Börsenzeitung vom 18.6.2016). Ach herje, das machen wir doch schon längst, werfen die Bankmanager nun sofort ein. So? Und wieso nimmt Ihnen das dann keiner ab? Warum dann drängt die Aufsicht Sie zur Überprüfung Ihrer Geschäftsmodelle? Und warum dann gehen Ihre Erträge noch immer zurück?
Banken sind erst dann wieder wirklich im Dienst ihrer Kunden, wenn Sie denn mal genau hinsehen würden, was diese brauchen. Beispiel: wir sind auf direktem Wege in eine Sharing-Ökonomie, in der wir nicht mehr alles besitzen müssen, wo Zugang zu und gemeinsame Nutzung von Gebrauchsgütern (wie z.B. Autos) und Dienstleistungen (wie z.B. Pflege) die Zukunft bilden werden. Autos beispielsweise stehen die meiste Zeit ungenutzt herum, vor dem Haus oder im Parkhaus. Werden aber zum Pendeln und für die Urlaubsfahrt gebraucht. Viele Familien überlegen die gemeinsame Nutzung mit anderen Familien. Was spricht dagegen, dass sich Banken dieses Bedürfnisses annehmen? Sharing-Plattformen anbieten, Standardverträge und immerhin die weniger werdenden Autos dann auch finanzieren und die Abwicklung der Kostenaufteilung vornehmen? Wäre endlich mal was Innovatives aus den Banken. Crowdfunding, Green Bonds, lokaler Bring-Dienst-Einzelhandel, Nutzer-Ringe usw. – jede Menge neuer Betätigungs- und Geschäftsmöglichkeiten! Die mit MINDFUL FINANCE entdeckt werden können.
#Mindfulfinance: Zuhören und mutig sein
Doch wie kommen wir dahin? Im Grunde gar nicht so schwer:
Mit anderen Augen auf das Geschäft und auf die Kunden sehen. Neudeutsch auch #Perspektivenwechsel genannt. Mit einer achtsamen Grundhaltung kein Problem. Damit lässt sich jede Menge Neues entdecken. Und: dorthin wo die Chefs ihre Aufmerksamkeit lenken, dorthin geht die Reise der Bank. Aufmerksamkeit lenkt man aber nur mit Achtsamkeit – und die ist Gottseidank lernbar. Vom Einzelnen wie für die ganze Bank. Ganz praktisch: schon mal in einer Schulklasse gesessen und zugehört, was die über Banken sagen? Oder in einer Vorlesung mit Studenten? Sind immerhin die Kunden von morgen. Oder mal zu Kunden gegangen, mit nichts in der Tasche. Und nur zugehört?Den Kunden wirklich verstehen. Heißt nichts anderes, als dass der Bankmanager und der Kundenbetreuer Ihren Kunden empathisch verstehen können. Weil sie sich in ihn hinein versetzen können. Nichts gut für’s Geschäft, werden Sie einwenden? Ganz im Gegenteil! Werfen Sie einfach einen Blick in Golemans „Empathie-Triade“ (Harvard Business Manager, Febr. 2014). Und wenn Sie’s nicht glauben, dann lassen Sie uns darüber mal reden. Denn darum geht’s: Nicht nur Worte und Zahlen hören und ein Standardprodukt aus dem Regal holen, sondern erspüren, was der Kunde will. Oder was das Dorf, die Region oder der Stadtteil brauchen. Und erst dann eine Lösung basteln. Die Industrie geht schon in Richtung Losgröße 1, warum nicht auch die Banken? Mutig sein, experimentieren, Prototypen schaffen und los geht’s. Gilt für das Angebot und Dienstleistungen, wie auch für Formen eines neuen Kunden-Dialogs. Wenn Banken weiter in Produktentwicklungs-Zyklen von Jahren denken, dann wird Bill Gates am Ende Recht behalten haben („banking is necessary, banks are not“, 1994!). Und wenn Banken nicht bald neue Formen des Stakeholder-Dialogs finden, dann wird der letzte Kunde ihnen seinen Abschied per Twitter mitteilen. Schlecht!
Bankmanager werden sich jetzt fragen, wie sie in kurzer Zeit all das verändern sollen. Und vor allem, wie sie das neue Wertegerüst in die Bank bringen können. Da empfehle ich einen Blick in eine Studie der Elite-Hochschule INSEAD im Auftrag der EU, die berühmte RESPONSE-Studie. Dort ging es um die Frage, wie verantwortliches Handeln in das Management von Unternehmen gebracht werden kann, vor allem die „Corporate Social Responsibility“. Und das erstaunliche Ergebnis der Studie zeigt, dass ein Ansatz, der auf tiefer Introspektion und auf Achtsamkeitstechniken basiert, alte Verhaltensmuster und persönliche Werte besser in Richtung sozial verantwortliches Handeln verändern kann, als dies traditionelle CSR-Veränderungsansätze können. Oder kurz gesagt: mit Achtsamkeitsansätzen können Sie in #Veränderungsprozessen mehr erreichen als mit den herkömmlichen Ansätzen. Kein Wunder: Achtsamkeit transformiert – den Einzelnen wie das Unternehmen. Schon probiert?
Mit achtsamen Grüssen,
Ihr Friedhelm Boschert
Comments