WIDERSPRÜCHE
über Widersprüche in unserer Arbeitswelt. Auf der einen Seite findet man im Team kaum mehr Zeit für persönliche Gespräche, kommuniziert wird in erster Linie elektronisch. „Spart Zeit“, so hört man. Auf der anderen Seite wird die „ersparte“ Zeit in einer unendlichen Kette langweiliger und unproduktiver Arbeitssitzungen wieder verbraten. „Da hört ohnehin keiner zu – macht man eben seine Mails so nebenbei“, so eine gängige Verhaltensweise in Team-Meetings. Nicht weniger widersprüchlich die Teamarbeit selbst. „Wir müssen agiler werden“, rufen die Chefs und meinen damit häufig doch nur „schneller“. Und auf der anderen Seite zerschellen gutgemeinte Forderungen nach „New Work“ und nach „Agilität“ bereits an den Felsen des jährlichen Planungsprozesses, der im Grunde nicht anders abläuft als vor zwanzig Jahren. Weil er noch immer das Rückgrat der alten Kontroll-Kultur im Unternehmen darstellt.
DIGITAL UND KOMPLEX
ist sie, die neue Arbeitswelt. Ob im Büro oder in der Fertigung: Routineaufgaben werden von lernenden Algorithmen in Programmen übernommen werden. Bis zur Hälfte der Aufgaben (und damit auch die Arbeitsplätze) werden von Maschinen übernommen werden. „Connectivity and interaction among parts, machines, and humans (man beachte die Reihenfolge!) will make production systems as much as 30% faster and 25% more efficient …“, ermittelt die BCG in ihrem „Industry 4.0 – Report. Und McKinsey hebt zwei Entwicklungen hervor, die Geschwindigkeit und Komplexität noch deutlich anheben dürften: „Time to Market and customer responsivenesss are todays‘ key factors of competitiveness“ (Mc Kinsey, Industry 4.0, 2015). Auch strukturelle Managementaufgaben wie Netzwerk-Koordination oder komplexe Analysen und Planungen durch selbstlernende Programme effizienter und schneller durchgeführt werden.
Was ist unsere Antwort darauf? Wie organisieren wir unsere Arbeit, unsere Teams? Was müssen wir ändern?
"IT'S ALL ABOUT RESPONSE VARIETY",
antwortet der Stanforder Kybernetiker Ash Ross auf die Frage, wie Teams und Organisationen auf die komplexen und tendenziell immer unvorhersagbareren Entwicklungen reagieren sollten. Je unvorhersehbarer die Welt, desto variabler müssen wir werden. Was wir brauchen, ist eine Vielfalt an Antwortmustern. Wir benötigen daher nicht einen neuen Mindset, wir brauchen eine Vielzahl an Mindsets, die wir flexibel einzusetzen in der Lage sind. Das ist die Grundlage für Agilität und letztlich auch für das agile Team. Hört sich gut an - aber was machen wir damit Montag früh um 8, wenn wir zum Team-Meeting zusammen kommen?
IMPROVISIEREN (WIEDER) LERNEN
Holen wir das Improvisieren zuerst mal wieder raus aus dem negativen Image des Reparierens, des Nicht-Vorbereitet-Seins. „Nur Verlierer brauchen einen Plan, Könner improvisieren“, behaupten die Amerikaner keck. Improvisation folgt keinem Schema, selbst das Ergebnis ist unvorhersehbar. Und gerade damit lässt sich eben auf unvorhergesehene Situationen flexibel reagieren. Wir werden mehr und mehr Entscheidungen schneller und unter Unsicherheit treffen müssen. Ergebnisse sind immer weniger prognostizierbar. Wir werden daher weniger planen können. Planloser handeln müssen. Dafür müssen - besser dürfen wir - mehr improvisieren.
Ein Horror für Kontroll-Freaks! Aber notwendig in der Neuen Arbeitswelt. Doch wie kommen wir dahin? Läßt sich das erlernen? Aber ja! Sie erinnern sich: es gibt immer auch eine Mindful Solution. Akzeptieren ist eines der wichtigen Prinzipien der Achtsamkeit. „Akzeptieren, was das Leben Dir zuspielt, um daraus etwas Neues, etwas Besseres zu machen“, so formuliert es Emiliano Ponzi, ein Illustrator zur Improvisation in GEO völlig treffend. Unvorhergesehenes nicht ablehnen, sondern erst mal annehmen, mit einer neugierigen Offenheit. „Ja, interessant, und …“ so kann das Mantra der Improvisation lauten. Regt das Denken an, macht auf, nicht zu, geht voran, bleibt nicht stehen. Das ist übrigens auch ein ganz wichtiges Prinzip in den Dialogen des Design Thinking. Damit lassen sich Gespräche und Sitzungen beleben, eröffnen sich Denk-Räume. Der Team-Leader sollte das allerdings als Erster beginnen zu praktizieren!
FEHLER MACHEN DÜRFEN
Wie bitte? Da sträuben sich dem alten Kontroll-Freak doch gleich die Nackenhaare. Der nämlich zitiert – schon immer - den Verursacher erst mal zu sich. „Warum haben Sie denn da nicht besser aufgepasst?“, schleudert er ihm entgegen. Tja, mal ehrlich. Was kann man denn auf so eine Frage antworten? Nichts Sinnvolles. Man wird ja damit in der Vergangenheit festgenagelt. Sucht und stochert in der Vergangenheit herum. Wie wär’s denn mal anders herum? Nämlich die Frage mit Blick auf die Zukunft gestellt: „Wie können wir eine Wiederholung in der Zukunft verhindern?“. Das hört sich doch gleich mal viel weiterführender an. Klagt nicht an, sondern öffnet das Denken. Und genau darum sollte es ja gehen.
Das ist übrigens nicht nur eine Fragetechnik. Damit schaffen Sie die Grundlage für eine produktive Fehler-Kultur im Team. Wollen Sie, dass die Mitarbeiter nicht nur Fehler eingestehen, sondern auch strukturelle Fehler erkennen? Wollen Sie einen ehrlichen Umgang mit Fehlern? Dann sollten Sie die rückwärtsgerichtete, alte Kontroll-Kultur schleunigst über Bord werfen. Machen Sie einen Neubeginn mit zwei wesentlichen Prinzipien der Achtsamkeit. Pflegen Sie „Den Blick des Anfängers“, eine neugierige und unvoreingenommene Haltung also. Die bringt Ihnen und Ihrem Team ganz neue Perspektiven und Einsichten. Hilft sehr gegen die früher so genannte „Betriebsblindheit“, eine der häufigsten Fehlerursachen. Und auch hier wieder die Akzeptanz. Akzeptieren Sie Fehler (die, wenn Sie davon erfahren, eh schon passiert sind …) als Lernquelle, als Bestandteil einer fortdauernden Verbesserung. Und als Ausprobieren von Lösungen in einer immer weniger vorhersehbaren Welt.
FLUGHÖHE VARIIEREN – MUSTER ERKENNEN
Wenn Dinge unüberschaubar werden, dann hilft meist, die Sache aus einer anderen Höhe, von oben nämlich, zu betrachten. Von oben schauen, um (wieder) das Wesentliche zu erkennen. Daran fehlt es häufig in Teams. „Jeder werkelt vor sich hin, den Überblick haben wir längst verloren“, sagte mir unlängst ein Mitarbeiter einer Filiale. Er meinte damit nicht die Ziele, die kannten er und sein Team schon. Was er meinte war, dass die Richtung nicht mehr erkennbar sei, Details den Blick verstellten.
In komplexen Welten wird die Fähigkeit zur Mustererkennung immer wichtiger. Wie Harald Katzenmair, Sozialwissenschaftler und Entrepreneur, das sehr prägnant formuliert: „ Wir brauchen nicht nur Big Data, wir brauchen vor allem Rough Data“. Grobe Strukturen, Muster also. Ob bei Entwicklungen beim Personal im Unternehmen, Veränderungen im Kundenverhalten, Entwicklungen am Markt – aus einer gewissen Distanz heraus lassen sich stets Muster erkennen. Machen Sie das Experiment, betrachten Sie das Bild. In der Nah-Analyse finden Sie 8 Gesichter, erst beim Zurücktreten wird die Gestalt sichtbar. Mit Mindfulness schaffen Sie sich die Fähigkeit zum Wechsel des Fokus – enger Fokus, weiter Fokus. Agiles Wahrnehmen.
MINDFUL SOLUTIONS
Sie sehen also, dass Achtsamkeit Ihnen eine andere Perspektive bietet, einen anderen Zugang zur Problemlösung ermöglicht. Und vor allem das Problem an der Wurzel anpackt.
MINDFUL SOLUTIONS – es gibt immer auch die achtsame Lösung.
Herzlichst
Friedhelm Boschert
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